Schadensersatzansprüche

nach Art. 82 DSGVO bei massenhaftem Versand von Abmahnungen

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat seit ihrer Einführung im Jahr 2018 erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise, wie personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ein Aspekt, der dabei immer häufiger die Gerichte befasst, ist die Frage, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen Schadensersatzansprüche entstehen. Art. 82 der DSGVO regelt die Voraussetzungen für diese Schadensersatzansprüche, die Betroffene geltend machen können, wenn sie eine Verletzung der Vorschriften der DSGVO beklagen.

Mit einem besonders interessanten rechtlichen Aspekt hat sich vor kurzem das LG München beschäftigt. Dabei ging es um die Frage, ob dem Betroffenen einer möglichen Datenschutzrechtsverletzung bzw. eines Verstoßes gegen Vorschriften der DSGVO auch dann ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn dieser angebliche Verstoß vom Betroffenen selbst provoziert wurde. Dem lag der Sachverhalt der massenhaften Abmahnungen im Zusammenhang mit der Einbindung von Google WebFonts in Webseiten zugrunde. Ein angeblich Betroffener hat durch seinen Anwalt massenhaft Abmahnungen an Webseiten Betreiber verschicken lassen, die diese entsprechende Google Technologie genutzt haben, und verlangte als Schadenersatz ein Schmerzensgeld.

Das LG München hat sich nun hierzu klar positioniert und geurteilt, dass es angesichts des Aufwandes und auch des Kostenrisikos bei der weiteren Verfolgung der angeblichen Ansprüche wohl vorrangig um eine Gewinnerzielungsabsicht des Betroffenen gegangen sei. Dies wurde als rechtsmissbräuchlich angesehen, so dass dem angeblich Betroffenen keinerlei Ansprüche auf Schmerzensgeld oder sonstigen Schadensersatz zustehen. In dem zugrunde liegenden Fall wurde auch berücksichtigt, dass die angeblichen Rechtsverstöße provoziert wurden.

Im Ergebnis können nun all diejenigen beruhigt aufatmen, die von der Abmahnwelle, die letztes Jahr wegen der Nutzung von Google WebFonts durch das Land zog, betroffen waren und nicht gezahlt haben. Sie haben, zumindest von zivilrechtlicher Seite aus, nichts mehr zu befürchten.

Die Entscheidung des LG München könnte auch als Präzedenzfall für eine neue Welle von massenhaften Abmahnungen dienen. Dabei geht es um Auskunftsansprüche, die ein Österreicher aktuell aufgrund der von ihm vorgenommenen Anmeldungen zu Newslettern begehrt. Auch hier spielen Aspekte wie Tatprovokation und mögliches Prozessrisiko eine erhebliche Rolle, so dass auch dies wieder ein Fall von Rechtsmissbrauch ist, aus dem sich keinerlei Ansprüche ableiten lassen. Das dürfte in diesem Fall nicht nur für den geforderten Schadensersatzanspruch sondern bereits schon für den Auskunftsanspruch nach DSGVO gelten. Wie sich die Rechtsprechung hierzu jedoch positionieren wird, bleibt abzuwarten.

Die DSGVO hat den Schutz personenbezogener Daten zwar gestärkt und ermöglicht es Betroffenen, auch Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn ihr Datenschutzrecht verletzt wird. Allerdings dürfen diese Datenschutzrechte nicht rechtsmissbräuchlich geltend gemacht werden. Das massenhafte Versenden von Abmahnungen kann ein Indiz für Rechtsmissbrauch sein. Daher sollte jeder, der eine Abmahnung wegen angeblicher Datenschutzverstöße erhält, genau prüfen, was hinter der Abmahnung steckt, ob tatsächlich ein Verstoß gegen geltendes Datenschutzrecht und die DSGVO vorliegt und wie am besten auf die Abmahnung reagiert werden sollte. Zögern Sie nicht, Ihren Anwalt für Datenschutz zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen bei allen Fragen rund um das Thema Datenschutz gerne zur Seite.

Rechtsanwältin Friederike Lemme, September 2023 · Berlin